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Eismanns Wille – Eine Kurzgeschichte

Passend zu Halloween folgt nun die einzige meiner Geschichten, die man mit etwas gutem Willen dem “Horror-Genre” zuordnen kann.
Ich kann von ihr mit einem gewissen Stolz behaupten, dass sie niemand, der sie je las, wieder vergessen hat.

Eismanns Wille

Dass ich Eismann traf, liegt nicht an dem sonder­baren Zufall, der mich in diese Stadt geführt hat, um in ihr zu arbeiten. Es liegt an Eismann selbst, dessen aufdringliche Art meine Auf­merksamkeit einforderte. Und nicht zuletzt waren die Kinder schuldig.

Weißt du, ich saß an diesem warmen Nach­mittag spät und erschöpft auf einer Bank im Stadtpark, unschlüssig, was ich an mit dem Abend noch beginnen sollte. Eismann setzte sich schwerfällig neben mich und bevor er et­was sagte, konnte ich ihn riechen: Er war eine Mischung aus vielen Gerüchen, sehr viel Seife war dabei, ein wenig Urin, Sandelholz und Abgestandenes, Fauliges. Und noch viel mehr, für das ich keine Worte habe. Er be­gann sofort ein Gespräch, das heißt, er sprach auf mich ein und ignorierte meine abweisen­de Haltung. Ich wand den Kopf dort hinüber, weg von ihm, der aufdringlichen, grauen Masse, die ich nicht sehen, mit der ich einen Augenkontakt vermeiden wollte.

Dort drüben, auf dem kurzgeschnittenen, gelbverbrannten Rasen, liefen damals ein paar Kinder umher. Sie waren verbissen bemüht, einander wehzutun. Sie stießen sich immer wieder gegenseitig zu Boden. Kein Kind lach­te, keines weinte. Nur selten wurde eine der hellen Stimmen laut, die dann zornerfüllt her­überklang. Die Kinder waren vollkommen eins mit ihrem Spiel.

Der Mann neben mir sprach laut, aber was er sagte: Glaube mir, ich weiß es nicht mehr. Vielleicht sprach er vom schwülen Wetter, vom unregelmäßigen Betrieb der Straßenbah­nen, von Gott. Gleichgültig, er redete und ich nahm das Geräusch wahr, das er machte. Es war mir nicht unangenehm, es störte mich nicht, es unterstrich das seltsame Spiel dort auf der Wiese in angenehmer Weise, wie Musik. Ich weiß, es war eine Beschwörung, die die Kinder anfeuerte, einander Schmerzen zuzufügen. Dann erschreckte die Kinder et­was. Sie rannten dort hinunter, an den Birken vorbei zu den Büschen. Ich bemerkte, dass Eismann aufgehört hatte, zu reden. Jetzt, als die Kinder nicht mehr zu sehen waren, war das auch nicht mehr notwendig.

Ich sah ihn an. Ich weiß nicht, ob ich in die­sem Augenblick erschrak, aber ein weiches, schwammiges Durchsacken im Unterleib empfand ich doch. Eismanns Gesicht ist zer­stört, aufgedunsen, eine offene, brennende Wunde, ein, ich weiß nicht… Eismann ist eben er selbst und als er lächelte, wurde mir übel. Dennoch betrachtete ich ihn weiter, es war mir nun gar nicht mehr möglich, etwas Anderes zu tun. Er trug dem warmen Tag zum Trotz ein abgenutztes, dickes Wolljackett und dazu eine fleckige, helle Hose. Sein Bauch quoll wie warme Hefe hervor, und über dem Gürtel spannte sich das Hemd zu grotesken Falten. Durch diese Körperfülle sah es so aus, als würde er auf der Bank nicht sitzen, sondern halb auf ihr liegen. Ich glaube nicht, dass es ihm bei seiner Leibesfülle möglich ist, seine Arme vor sich zu verschränken.

So sah ich Eismann und es war sehr still, als wir uns begutachteten.

Hier links ging eine Frau, mit ihren hohen Schuhen schwamm sie ungelenk mit den Ar­men rudernd durch den Kies. Sie hatte den Blick starr von uns gewandt. Ich sah sie aus den Augenwinkeln, ohne den Kopf zu dre­hen, denn ich betrachtete mit einer Mischung aus Interesse und Abscheu weiterhin mein Gegenüber. Ich konnte meine Augen nicht schließen oder sie auch nur senken, du ver­stehst. Da waren noch einmal Schritte und eine auffällige Krawatte, nein,  ein Taschen­tuch, mit dem jemand, ich glaube, ein Mann, über seinen feuchten Mund fuhr, vielleicht noch eine Kamera, ich bin mir nicht sicher. Aber auch dieser Mann war schnell an unserer Bank vorbei; er schlenderte langsam hinter der Frau her.

Eismann sagte seinen Namen, wiederholte ihn mehrmals, bis ich ihn verstand. Ich wollte in diesem Moment bestimmt lachen, aber ob­wohl meine Bauchdecke krampfend zuckte, gelang es mir nicht, auch nur die Mundwinkel zu heben. Eismann schüttelte sachlich und deutlich missbilligend den Kopf. Er fragte mich, ob ich ihm aufhelfen könne. Er fühle sich in der letzten Zeit sehr erschöpft.

Eismannillu

Ich ging zurück ins Zimmer, das war dann etwas später. Ich wohnte in einem Hotel, ich habe es glaube ich schon gesagt, es war eine billige Absteige in Bahnhofsnähe. Du wirst sie nicht kennen. Am Empfang wurde ich von ein paar Leuten überrascht gemustert, aber nie­mand versuchte, mich aufzuhalten. Ich ließ die Tür meines Zimmers hinter mir geöffnet, damit Eismann nachkommen konnte. Der Raum war nicht groß, gerade ein Bett, ein Schrank und ein kleiner Schreibtisch hatten Platz gefunden.

Meinen Koffer hatte ich noch nicht geöff­net, da ich erst mit dem Morgenzug angekom­men war und ich mich sogleich in meiner neuen Firma vorgestellt hatte. Der Brief lag deshalb noch so auf dem Bett, wie ich ihn dort liegengelassen hatte. Sein Inhalt war der einzige Grund, aus dem ich in dieser Stadt eine Arbeit angenommen hatte.

Den Brief habe ich erwähnt, weil Eismann zielstrebig auf das Bett zusteuerte, sich äch­zend niederfallen ließ, ihn in seine fetten Finger nahm und las. Als ich das sah, hatte ich einen bewussten Moment und erkannte, was um mich vorging. Eismann war einen Nu unaufmerksam gewesen. Ich wollte ihm das Papier eilig aus der Hand reißen und ihm da­mit ins Gesicht schlagen, wieder und wieder, hinein in die Wundmale. Ich wollte ihm in den Unterleib treten, bis sich dieses Ungeheu­er zu meinen Füßen auf dem Teppich wälzte. Du musst mir glauben, ich versuchte es und ging auf ihn zu, hob bereits die Hand zum Schlag. Aber es war mir nicht möglich. Mitten in dieser Bewegung zögerte ich, durch einen Blick von Eismann bezwungen. Ich war nur mehr dazu fähig, mich neben ihn zu setzen und die schorfigen Ränder seiner Narben zu streicheln. Ich hatte jetzt einen starken Brech­reiz, aber ich beendete meine zärtlichen Bewe­gungen erst, als er den Brief nahm, ihn zer­knüllte und achtlos zur Seite warf. Dann nahm er mit seinen weichen, schweißnassen Händen mein Gesicht. Er gab mir einen Kuss auf die Stirn.

«Nicht jetzt», sagte er. Ich weiß es genau. Er sagte: «Nicht jetzt. Lass uns vorher etwas Essen gehen. Und dann erzählst du mir von deiner Frau und warum sie dir den Brief ge­schrieben hat.»

«Zwischen uns beiden klappt es einfach nicht mehr so richtig. Wir haben uns – wie nennt man das? – auseinandergelebt. Und dann hatte ich auch noch diese kleine Affäre mit dem Mädchen aus dem Nebenhaus. Das war nichts Ernstes, wir haben nur ein paar Mal miteinander geschlafen, aber meine Frau hat es erfahren. Jetzt redet sie von Scheidung. Ich dachte, es wäre das Beste, wenn ich diese Arbeit hier annehmen würde und ein paar Wochen Abstand schaffen könnte», sagte ich. Ich saß in dem Lokal unten am Ende der Stra­ße beim Brunnen und war erschrocken, wie viel ich Eismann erzählte, der einen bemer­kenswerten Appetit offenbarte. Man hatte uns gezielt in einen leeren Nebenraum geführt, der  wahrscheinlich für Gesellschaften ge­dacht war, aber wir wurden schnell und zu­vorkommen bedient und, ich weiß, es klingt unglaubwürdig, der Kellner war zu Eismann freundlicher als zu mir. Er brachte ihm unaufgefordert nach dem Essen mehrere Klare, die Eismann wie selbstverständlich annahm.

Eismann hörte mir kaum zu, ich merkte ihm an, dass ich ihn mit meinen Ehegeschich­ten langweilte, aber er unterbrach mich nicht und solange er das nicht tat, sprach ich wei­ter. Ich fühlte mich dazu gezwungen. Ge­zwungen, das ist genau das richtige Wort.

«Am meisten leidet unsere Tochter an die­sem Zerwürfnis. Sie hat schnell gemerkt, dass zwischen uns etwas nicht in Ordnung ist. Sie werden das verstehen, sie ist noch zu jung, um unseren Streit zu begreifen. Das ist so, sie meint, wenn ihre Eltern sich nicht mehr lieb haben, dann haben sie ihre Tochter auch nicht mehr lieb. Das ist in ihrem Kopf drin, festge­fressen, das geht nicht raus. Sie ist im Augen­blick nicht fähig, in die Schule zu gehen, wir haben sie vom Unterricht befreien lassen müs­sen. Sie ist trotzig, aggressiv und weint häufig grundlos. Sie ist oft hysterisch. Wir waren bei einem Psychologen. Der hat vorgeschlagen, sie ohne Eltern auf Erholung zu schicken, in ein Kinderdorf. Aber da sind wir uns einig: Meine Frau will das nicht und mir ist es auch peinlich.»

Endlich lehnte sich Eismann zurück und bearbeitete mit einem Fingernagel seine fauli­gen Zähne. Als er die Fleischfaser erwischt hatte, die hängengeblieben war und ihn ge­stört hatte, besah er sie sich eine Weile auf­merksam. Dann fuhr er seine breite, feuchte Zunge heraus und leckte genießerisch über seine Fingerkuppe. Er machte einen zufriede­nen Laut. Ich redete noch immer, aber jetzt unterbrach er mich, fragte zudringlich.

«Was soll ich sagen», musste ich antworten, »das wird bei allen ähnlich sein. Am Anfang der Ehe, bevor das Kind kam, war es viel­leicht anders; vielleicht auch nur häufiger, ich weiß nicht. Das ist nicht bedeutend für unsere Beziehung, zumindest bestimmt nicht das Be­deutendste. Ich meine, das kann nicht der Grund für unsere Trennung sein. Aber natür­lich, es kann sein, dass sie gelitten hat. Bei dem Mädchen vom Nebenhaus war es ebenso, da war kein Unterschied, die gleichen Bewe­gungen, die gleichen Worte. Nur… mit dem Mädchen konnte ich danach reden. Ich wusste etwas zu sagen. Sie konnte zuhören.»

«Sei still», sagte Eismann. Ich schwieg er­leichtert, winkte dem Kellner, der schon seit geraumer Zeit in der Nähe wartete.Ich bezahlte für uns beide. Weißt du, ich fühlte mich verpflichtet, ihm ein anständiges Trinkgeld zu geben. Danach stellte ich fest, dass ich nur noch kleine Münzen in der Brieftasche hatte. Was ursprünglich drei Tage hätte reichen sollen, war durch dieses eine Abendessen bereits erschöpft. Eismann strich langsam das Hemd über seinem aufgedunsenen Bauch glatt und ich war erstaunt, dass die Knöpfe hielten. Mit einer liebevollen Bewegung berührte er seinen Unterleib, kratzte sich im Schritt. Dabei sah er mich mit einem Blick voller Selbstsicherheit und Begehrlichkeit an. Das war einer der seltenen klaren Augenblicke, die ich an diesem Abend hatte. Ich sah ihn so, wie er war, ich sah den alten, fetten und schmutzigen Mann, sah seine perversen Gelüste und seine Begierden.

Durch die Tür da hinten kamen ein paar Leute herein, eine Gruppe, die im großen Gas­traum keinen Platz mehr gefunden hatte. Eis­manns Blick wanderte erschöpft zu ihnen hin­über. Als sie ihn sahen, war es, als hätte sie je­mand mit kaltem Wasser begossen. Sie ver­harrten unschlüssig, abwartend. Schließlich machte eine den Anfang, sie trat kopfschüt­telnd wieder aus dem Raum. Die anderen folgten, zuletzt ein junger Mann, wi­derwillig, wie von unsichtbaren Fäden gezo­gen, sich vorsichtig umsehend.

Diese kurze Störung hatte Eismann geär­gert, aber als er sich wieder zu mir wandte, lächelte er, verzog sein zerstörtes Gesicht zu einer grauenvollen Maske, die mich an die Teufelsfratzen der Wasserspeier in gotischen Kirchen erinnerte. Ich habe auch als Kind nie Angst vor diesen steinernen Ungeheuern ge­habt, ich habe sie schon damals als zu über­trieben empfunden. Jetzt erkannte ich, dass es tatsächlich sein wahres Gesicht war.

Eismann hatte recht. Natürlich hatte ich Reiseschecks dabei. Sie waren in meinem Kof­fer, die Karte in der Innentasche meines Man­tels. Er behauptete, dass er Lokale kannte, wo die Schecks gegen eine geringe Gebühr akzep­tiert wurden. Er sagte, ich solle sie holen. Diesmal wartete er draußen vor dem Hotel. Als ich oben im meinem Zimmer war, fühlte ich mich von einer entsetzlichen Last befreit, fast glaubte ich, er hätte einen Fehler ge­macht. Aber als ich die Zimmertür fest schlie­ßen wollte, war ich unfähig, es zu tun. Kannst du das begreifen? Das Ganze war nur eine weitere Demonstration seiner Macht. Ich nahm mein Scheckheft und die Karte, steckte auch noch das Geld ein, das ich noch in einer anderen Hose hatte. Eismann hatte mich auch über diese Entfernung unter Kontrolle, zwar nicht vollständig, das merkte ich an der Ruckartigkeit meiner Bewegungen, aber ich gehorchte.

Wir gingen in mehrere Lokale und tranken, er viel Bier und ab und zu einen Weinbrand, ich trank Nicht-Alkoholisches, Apfelsaft in der Hauptsache. Eismann wollte, dass ich nüch­tern blieb. Wir waren in Ausschänken, in de­nen er kaum auffiel, heruntergekommenen Buden, die er vermutlich häufiger besuchte, da sich niemand über ihn oder auch seine Be­gleitung wunderte. In dem billigen Stehaus­schank, dem da unten, wenn man die Straße nach rechts hinunter geht, gegenüber vom Krankenhaus, dort fuhr mir eine stark ge­schminkte Frau sanft durch das Haar und sie lachte zusammen mit Eismann über meine schüchterne Reaktion.

Wir waren danach wieder auf der Straße, später. Da war Eismann schon betrunken, er wankte nicht, er ging nur noch ein wenig schwerfälliger. Auch seine Sprache war lang­samer, er schwitzte jetzt auch und sein San­delholzgeruch wurde stärker und süßer. Er stützte sich schwer gegen meine Schulter und flüsterte ein paar Zärtlichkeiten. Dann kam uns ein Paar entgegen, mit einem Kind, einem Jungen, der noch nicht in die Schule ging. Es war spät, gegen Mitternacht. Weißt du, ich dachte noch, um diese Zeit gehöre das Kind doch längst in sein Bett. Der Junge sah uns und erschrak wohl, denn er schrie; er blieb vor uns beiden stehen, stampfte mit dem Fü­ßen und schrie gellend. Das schmerzte in den Ohren und ich sagte hilflos ein paar Worte. Die Mutter kniete sich zu dem Kind herab, versuchte, es zu beruhigen. Der Vater ent­schuldigte sich stammelnd. Ich schob Eis­mann, der nicht eine Miene verzog, weiter. Ich hatte zu Recht Angst vor seiner Reaktion auf diese Belästigung. Denn, schau, als wir schon fast an den Leuten vorbei waren, be­wegte er sich plötzlich mit einer Wendigkeit, die ich ihm nicht mehr zugetraut hätte. Er machte einen schnellen Schritt auf den Vater zu, stieß die fassungslose Mutter mit dem Kind beiseite und schlug dem Mann mehr­mals fest mit der geballten Faust ins Gesicht, so lange, bis er zu Boden stürzte, dann trat er ihn. Ich wollte hinzuspringen, dieses Ungeheuer zurückreißen. Aber ich ver­harrte  schweigend. Ich war nicht fähig, mich zu bewegen! Ich sah, dass es der Frau so er­ging wie mir. Als der Mann nur noch wim­merte, ließ Eismann endlich von ihm ab. Er hängte sich wieder bei mir ein und wir schlenderten langsam weiter, ganz als wäre nichts geschehen. Irgendwann später, wir wa­ren ein paar Straßen gegangen, waren wir weit genug entfernt. Jetzt wich die Erstarrung der Frau: Ich hörte die Mutter verzweifelt und einsam um Hilfe schreien und das Kind krei­schen. Nur durch Eismanns Willen war es mir möglich, gerade weiterzugehen.

Dieser Ruf war noch in meinem Ohr, als wir in mein Hotel zurückkehrten. Dort hinten in meinem Kopf, an der Stelle, an der ich noch ich selbst war, dort wiederholte ich immer und immer wieder von neuem ein Gebet, das ich als Kind vor dem Einschlafen mit meiner Mutter gesprochen hatte. Ich wusste nur zu gut, dass mich nur mehr dieses Gebet vor dem endgültigen Verlust meiner Person be­wahrte. Und obwohl alles in mir sich nach diesem Vergessen sehnte, der gnädigen Um­armung der Besinnungslosigkeit, intonierte ich weiter den simplen Reim. Kannst du das verstehen?

Eismann verschloss hinter mir die Tür. Ich verharrte vor dem Bett und ich wusste genau, was jetzt auf mich zukam. Zu Eismann ge­hört, dass er mich nie im Ungewissen lässt. Er packte mich von hinten, drückte mich an sich, fest gegen seinen monströsen Körper und die Hände, mit denen er gerade einen Mann fast tot geschlagen hatte, begannen, mich fordernd zu streicheln. Er drehte mich herum, küsste mich gierig. Ich konnte die flinke Zunge, die ich vorhin im Restaurant bereits bewundert hatte, in meiner Mundhöhle spüren. Ein un­glaublicher Geschmack machte sich breit, ich würgte und jetzt übergab ich mich, die Reak­tionen des Ekels waren endlich stärker als sein Wille. Er stieß mich angewidert von sich und ich erbrach mich auf den Teppich. Ich ging endlich in die Knie, würgte so lange, bis ich nur noch bittergelben Schleim hervor­brachte.

Eismann saß auf dem Bett und wartete ge­duldig, bis ich mich beruhigt hatte. Er wirkte nicht einmal überrascht. Dann zog er sich aus und ich musste seinem Beispiel folgen. Nun war mein Magen leer und jetzt war ich gleich­gültig. Eismann griff mich zielstrebig und wir fielen nackt zurück auf das Bett. Er griff und leckte und ich erwiderte die grauenvollen Zärtlichkeiten mechanisch.

«Ich bin rein, ich bin klein, mein Herz ist rein, mein Jesulein, nur du sollst drinnen sein. Ich bin rein! Rein! Mein Gott.»

Es ist mir nicht möglich, dir alles zu erzäh­len, in mir sträubt sich etwas dagegen. Du weißt ja, Eismann ist unersättlich. Da ist so viel geschehen, so viele Gesichter und es ist noch keine Woche her. Ich hause mit Eismann in seiner dreckigen Wohnung, denn längst kann ich das Hotelzimmer nicht mehr bezah­len. Das wird so lange gehen, bis er meiner überdrüssig ist wie er deiner überdrüssig wurde … Das ist meine Hoffnung. Jetzt muss ich aber aufhören, zu erzählen, weißt du. Ver­steck dich besser, denn da kommt eben Eis­mann zurück, und wir werden jetzt Essen ge­hen.

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