Der dritte Winter

I.

Der kalte Ostwind hat hier

längst den Bäumen die Blätter entrissen.

In mir drängt das geheime Wissen.

Ich habe es über Wegen und Bächen errochen.

Ich fühle es regen. Ich habe es erbrochen.

 

II.

Wenn dann der Schnee fällt.

Leichentücher die Ebenen decken.

Dann gibt es nichts, das mich hält.

Dann werde ich meine Glieder recken.

Wenn die Stürme toben. Frost in die Häuser schleicht.

Dann habe ich mich erhoben. Dann ist es erreicht.

 

III.

Zittre, du verstaubte, du alte Welt.

Fürchte mich, wenn ich mich erhebe.

Lange habe ich mich totgestellt.

Erkenne nun, dass ich noch lange lebe.

Asche bleibt dort, wo ich geh‘.

Mein Blick tötet lächelnd Völkerscharen.

Und dort, wo ich länger steh‘:

Ist kein Leben mehr in tausend Jahren.

 

Gedicht IX, Daniel-Zyklus 1992

Winter3

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