Kategorien
Erzählung Experimente Kurzgeschichte Literatur meine weiteren Werke Philosophie Sprache

Fahrkarte – Fünf

„Glänzender Himmelsschmuck, du Licht des Himmels / in einem kleinen / Punkte sammelst du alle Wunder: / Himmel, der von einem Sterne glänzt / der dreht mit Engelshand / den Priester, sein Beweger / Dir entgegen stellt der Urheber des Lichtes / die Nebel des Sonnenuntergangs / Faustpfand des Sieges über den Tod / in dir wieder zum Leben erwacht und vielfacher Siege / vielfach gewinnst du die Völker / Botin der Göttlichen Liebe.“

Helmut ging es schlecht. Eine Zeitlang beschäftigte er sich damit, eine Erinnerung zu suchen, in der es ihm noch schlechter ging. Er fand keine. Dann konzentrierte er sich auf die Schmerzen, weil er glaubte, es sei die beste Methode, sie zu bekämpfen. Er schaffte es, die Augen zu öffen richtete langsam seinen Oberkörper gerade. Die Straße war leer. Es regnete noch immer, aber er hatte im Hauseingang ein relativ trockenes Plätzchen gefunden wenn es nur nicht so kalt gewesen wäre.

Wer behauptet, dass im heiligen Sakrament der Eucharistie die Substanz des Brotes in den Körper und des Weines mit dem Körper und dem Blut unseres Herrn Jesus Christus bleibt, und diese wunderbare und einzigartige Verwandlung der ganzen Substanz des Brotes in den Körper und des Weines in das Blut leugnet, die allein das Aussehen des Brotes und des Weines belässt, eine Verwandlung, die die Kirche sehr passend als Transsubstantiation bezeichnet, der sei verflucht.

Helmut weinte nicht aus schmerz, obwohl er weiterhin in seinem magen wühlte nicht aus kummer, denn er hatte doch keinen wusste er nicht, warum er weinte aus reflex vielleicht flossen die tränen und er genoß ihre wärme saß einfach da auf dem feuchten Stein hatte keinen gedanken, war gefühllos und weinte hatte nicht geglaubt wie gut das möglich ging aber gut.

Das war Galileos Häresie: Er zweifelte an, dass sich während der Eucharistie das Brot nicht in übertragenem Sinne, sondern tatsächlich, wirklich und real in den Leib Christi wandelte, das Brot zwar weiterhin wie Brot aussah, schmeckte, roch und alle brotenen Akzidentien hatte, aber kein Brot mehr mehr war: Die Hostie war für die Kirche durch einen göttlichen Taschenspielertrick tatsächlich verwandelt in Fleisch.

Dann presste Helmut die geballten Hände gegen die Augen, erzeugte eine Chimäre platzender Ringe auf der Netzhaut und beendete den ohnehin schon träger werdenden Tränenfluß. Ein paar Fragen gelangten in seinen Verstand, Antworten fand er keine. Inzwischen aber hatte er es aufgegeben, hier nach ihnen zu suchen er fand hier keine hier in dieser stadt.

Und dieses wie hieß es gleich bahnkarte fahrschein heim?

Siedenheiß fiel ihm ein. mühsam hob helmut sein gesäß an die tasche kommen zur brieftasche aber um die leiste loderte der schmerz langte mit der hand nach. Die brieftasche war weg klar umsonst aber auf der anderen seite ist noch hoffnung zog er schneller atmend zwei papierumschläge hervor fielen dabei auf den treppenabsatz. Erleichtert wenn die jungen auch die fahrkarte gestohlen hätten wäre er nicht mehr diese stadt verlassen ins leben zurückkehren. ein ticket schnell in der hand und wieder in der tasche wie ein krummes stück holz an dem er klammern kann ertrinkender der er wirklich im wortsinn lache jetzt nicht trinker damit hat er den fuß in der tür offengelassen umkehren. Heim. Wenn er das schaffte.

Wenn er es überhaupt schaffte, aufzustehen.

Western ein meldrama satz hey ich schaffe es was sind schon drei kugeln und eine blutige fresse hey ich bin john wayne.

Galilei schreibt im Saggiatore dagegen an: “Ein schlafendes Kind, dem man sanft mit einer Feder über die Lippen streicht, wird einen Kitzel verspüren: Denkt ihr vielleicht, dass die Idee des Kitzels, der vom Kind verspürt wird, irgendeiner Sache ähnlich sein könnte, die in der Feder oder im Kitzelnden steckt? Dieser Kitzel ist vollständig in uns und nicht in der Feder.“

Er konnte sich erinnern: Seine Eltern waren beim Sport und er heimlich aufgeblieben, um den Western zu sehen. Sie hatten nur einen Schwarzweißfernseher. Helmut war enttäuscht, als er den Film später in Farbe sah passte nicht zur stimmung western sollten schwarz-weiß sein. die Handlung natürlich voll von Klischees einfache Geschichte so wie er es mochte farmer ein bösewicht seine gang ein paar indianer und der held immer etwas schneller immer etwas schlauer.

Was Helmut am meisten beeindruckte und deshalb vergaß er diesen Film nicht mehr, war der gutmütige ewig betrunkene Alte mit verfilztem Bart und ohne Zähne starb in den Armen des Helden, sagte:

„Ich steh’ jetzt auf und fange noch einmal an.“

Ein Leser, dem man mit seiner Feder eine Geschichte vorsetzt, wird eine Empfindung haben: Der Trauer, der Freude, was weiß ich: Denkt ihr aber, dass die Idee der Trauer, die vom Leser verspürt wird, irgendeiner Sache ähnlich sein könnte, die in der Feder oder im Schreibenden steckt? Diese Empfindung ist vollständig in uns und nicht in der Feder. Auch nicht im Schreiber.

Vorsichtig hob Helmut mit zwei Fingern den zweiten Umschlag hoch. Es war der Brief von Ruth und er stand zitternd auf der held noch mal fängt er an ging ja locker schmerz wo ist dein stachel regen sprüht in mein gesicht. Hey nochmal und alle western die ich kenne als helmut breitbeinig humpelnd die straße hinunter ging. Den Brief ließ er liegen.

nur im leser nicht im text gestern das ist gerade oder alles ist gestern her erklären was vorher war die namen sind genannt nun sollen sie auch leben

„Du trinkst zu viel.“

Helmut sah auf. Beuerle stand vor ihm, freundlich wie immer, mit sich und der Welt im Gleichgewicht. Auch sein aufmunterndes Lächeln trug er bei sich.

„Deine Frau hat gesagt, ich könnte dich hier finden.“

Er sah sich zweifelnd um, während Helmut unsichere Gesten machte. Beuerle folgte der Einladung, setzte sich.

„Willst du auch einen Grog? Tut gut bei der Kälte,“ sagte Helmut und stolperte über den zweiten Satz.

„Ach nein,“ Beuerle winkte ab, „ich wollte dich nur besuchen, um dir das Buch zurück zu geben, das du mir geliehen hast. Ich habe es deiner Frau gegeben.“ Er zögerte. „Du bist oft im Löwen, oder?“

Helmut bejahte, dunkel erinnerte er sich an etwas. Er versuchte zu erklären:

„Weißt du, zu Hause ist es nicht mehr so – wie soll ich sagen?“

„Ich verstehe schon.“ Beuerle nickte. Helmut beobachtete dieses Nicken, das ihn an den Wirt des Löwen erinnerte, ein Nicken, das Verständnis ausdrücken sollte, aber nur Unsicherheit verbarg. Natürlich, wie sollte das Beuerle auch verstehen? Er lebte glücklich mit seiner Frau, freute sich auf den Abend, wenn er aus dem Büro nach Hause zu ihr konnte und hatte meist gesehen, was im Fernseher gelaufen war. Für Beuerle war das Haus noch Heim.

Trotzdem beneidete ihn Helmut nicht.

„Was für ein Buch habe ich dir denn geliehen?“

Beuerle tat überrascht.

„Du weißt doch, den „Radetzkymarsch“ von Joseph Roth.“

„Ach ja. Hat es dir gefallen?“

Beuerle nahm sein Nicken wieder auf, auch diesmal zu eilig.

„Ein wunderbarer Roman, sehr tief und wahr. So etwas wird heute gar nicht mehr geschrieben.“

„Stand das auf dem Einband oder hat das Ruth dir gesagt?“ fragte Helmut leichthin und machte Beuerles Ausrede zunichte. Beuerle wurde etwas bleicher und seine Miene rutschte ab, wurde leer. Es war genau das Gesicht, das er zur Schau trug, wenn ihn Wigand zu sich bestellte. Helmut nötigte es Respekt ab, wie glatt es seinem Kollegen gelang, seine Gefühle zu verschlucken. Er selbst fühlte sich im Gegensatz immer durchschaubar.

Helmut murmelte eine eilige Entschuldigung, denn er wollte Beuerle nicht verletzen. Jedoch versuchte ihn das hastig wieder einsetzende Nicken seines Gegenübers, ihm eine Ohrfeige zu verpassen. Eilig griff er zu Ablenkung nach seinem Getränk.

„Ich finde, du gehst den falschen Weg. So kriegst du das mit Ruth nie in Ordnung,“ sagte Beuerle.

„Ich glaube nicht, dass es heute so gut ist, mit mir darüber zu reden,“ erwiderte Helmut. „Und nicke nicht dauernd, als würdest du etwas verstehen. Das macht mich seekrank,“ fügte er eilig hinzu.

Er sah seinem Kollegen an, wie er sich zusammennahm. Plötzlich tat er ihm leid. Dieser dumme Kerl, warum machte er sich so viele Sorgen um Helmut? Er konnte doch nicht mehr helfen, es war ja alles vorbei. Ruth hatte ein Verhältnis mit Wigand und es konnte nur noch ein paar Wochen dauern, dann würde dieser ihn aus der Firma mobben.

Da war doch vor ein paar Jahren der Fall mit Kablau gewesen. Kablau, ja, so hieß der, wie ein Fisch. Kablau war ein echter Alkoholiker gewesen, bei dem stand immer eine offene Flasche Gin im Schreibtisch. Noch im letzten Jahr hatten sie in der Klimaanlage ein paar von seinen Flaschen gefunden. Aus dem hatte Wigand ein warnendes Beispiel gemacht.

‚Ich bin doch kein Säufer wie Kablau,’ wollte Helmut sagen, ‚ich fange mich schon wieder.’ Er brachte kein Wort heraus. Beuerle schien die Gesprächspause peinlich zu werden. In seinem Gesicht reifte ein Einfall.

„Verreise doch mal ein paar Tage. Nimm dir frei und fahre einfach fort. Das bringt dich sicher auf andere Gedanken.“

Jetzt wäre die Gelegenheit günstig gewesen, Beuerle zu streicheln. Helmut machte es nicht.

schlapper kerl aber seien wir ehrlich: nur in unserer fantasie des lesers

Kommentar verfassen