
»Und es geschah etwas vollkommen Merkwürdiges und Unerwartetes: Die schwarze Scheibe erwachte zum Leben. Zuerst leuchtete ein grünes Licht am Rahmen, dann hellte sich das Glas auf und zeigte wie durch ein kleines Fenster einen Ausblick auf eine sanfte Wiesenlandschaft, einen Hügel, auf dem lange Gräser und gelbe Blüten im Wind schwankten. Der Himmel, über den gemächlich ein paar Wolken trieben, war makellos und tiefblau. Nur, dass es eben keine Welt war, die Straif hinter der Scheibe sah, sondern eine in ihr. Was war das für ein Vorgänger–Zauber?
Doch das Bild, das er sah, war so lebendig und plastisch, dass er vergeblich versuchte, durch den Rahmen hindurch in das Trugbild zu greifen und beinahe die Würze ihrer Luft zu atmen vermeinte. Der Anblick erinnerte ihn an die Lichtungen im Wald von Ygdras und nahm ihn gefangen. Er hatte Heimweh und fragte sich, ob es ihm auf irgendeine Weise gelingen konnte, die friedliche Welt hinter der fingerdünnen Glasscheibe zu erreichen. Von der Seite trat nun eine Gestalt auf die Wiese und näherte sich langsam. Es war eine schlanke Frau mit streng geschnittenen, kurzen und braunen Haaren. Sie trug einen gegürteten, weißen Umhang, der ihr ein mönchshaftes Aussehen verlieh. Sie sah Straif vollkommen ausdruckslos in die Augen. Ihm war sofort klar, dass dies nur ein Trugbild und kein lebendiger Mensch war, der aus der Scheibe zu ihm herausblickte.
„Ich gratuliere dir, Mann mit den vielen Namen – Straif Geris Bar, den die Zwerge Fenrir Ulf nennen“, sagte sie plötzlich mit viel Spott in der Stimme.«
Sprecher: Nikolaus Klammer
Musik: Heinz Christian
Alle Rechte liegen bei den Künstlern