Hier folgt nun endlich wie versprochen, die Vorveröffentlichung meines neuen Romans. Er ist der 4. Teil einer “Trilogie” in 5 (oder 6) Büchern. Solltest du, liebe Leserin meines Blogs, die drei Vorgängerbände noch nicht kennen oder deren Inhalt vergessen haben, beginne ich mit einer Zusammenfassung der Handlung. Höre hier auf zu lesen, wenn du dich nicht spoilern lassen und die drei Bücher noch lesen möchtest, die in ihrer E-Book-Ausgabe gerade überall im Buchhandel für 0,99 € erhältlich sind.
Zwischen den Büchern
ein, diesen Vorwurf lasse ich nicht gelten! So weit kommt es noch, dass ich der Wahrheit erlaube, sich still und leise zwischen meine Lügen zu schleichen. Sie lasse ich nicht hinein in das ein wenig unordentliche Gärtlein, das ich mein eigen nenne und in dem ich zwischen einigem Unkraut meine empfindlichen literarischen Pflänzchen hege. Oder, um es neumodisch auszuformulieren: Dies ist meine ›Filterblase‹, hier lasse ich nur die Meinungen zu, die mit meiner konform gehen. Hier gelten meine Hausregeln. Halte dich an sie oder schließe das Buch!
Da ist jedoch diese eine, ganz besondere, unter meinen Leserinnen (1), die mir hartnäckig unterstellt, ich sei ganz schön schreibfaul geworden in den letzten Jahren, würde viel zu häufig am Computer spielen und die Hausarbeit vernachlässigen. Nach meiner langen kreativen Pause wäre es jetzt doch wirklich dringend an der Zeit, meinem treuen Publikum den 4. Band der Abenteuer von Nikolaus M. Klammer und den anderen Heldinnen und Helden meiner Buchtrilogie Dr. Geltsamers erinnerte Memoiren zu überreichen. Schließlich bestehe zu befürchten, dass sie selbst und die anderen Leserinnen (nicht zuletzt auch der Autor selbst) alles vergessen haben, was an üppiger Handlung in den bisherigen drei Teilen geschah, deren Verwicklungen vielleicht nicht so bedeutend wie eine Schrift von Hegel, aber mindestens so kompliziert und unüberschaubar seien.
Sie hat ja recht, jene reizende Frau, der ich alle meine Bücher widme – auch diejenigen, die sie nicht mag. Es war jedoch diesmal keine Schreibblockade oder ein ausuferndes Fantasy-Rollenspiel am PC, die mich daran hinderten, die beiden abschließenden Bände der Memoiren zu beginnen, sondern die Vielzahl meiner anderen Projekte, die – zumindest für mich – ebenso wichtig sind und nach einer Fortführung betteln. Können wir uns also darauf einigen, dass ich nicht schreibfaul, sondern im Gegenteil überlastet war? Mir selbst zu viel aufbürdete? Zudem musste ich einfach auch darauf warten, bis mir mein Protagonist Nikolaus M. Klammer diese Geschichte weitererzählt hatte, damit ich sie als sein treuer Chronist aufschreiben konnte.
Gut, dann können wir ja fortfahren. Also, wo waren wir? Ah, ja!
Klammer fiel. Er …
Du unterbrichst mich? Ach, so! Du willst wieder eine Zusammenfassung, ein ›Was bisher geschah‹ – ganz wie am Beginn des letzten Bandes, dem ›Gulag des Dmitri Alexandrowitsch Krakow‹? Du sagst, dies gehöre wie ein Personenregister zum guten Ton bei Buchreihen. Es sei ein Dienst am Kunden, den ich einfach leisten müsse? Alles andere wäre eine Frechheit? Ich will ehrlich sein, dazu habe ich überhaupt keine Lust, noch weniger als letztes Mal. Ich habe keinen Eckermann, keinen Stenografen oder Praktikanten an meiner Seite, die für mich die Handlung kurz zusammenfassen und die leidigen Klappentexte formulieren. Das muss ich ganz allein tun. Also lies die drei Bände davor einfach noch einmal. Dann bist du wieder drin. Das willst du nicht? Ach …
Dann pass also gut auf, denn das alles ist schon ein wenig verwirrend und glaube mir: Deine Verwirrung wird noch zunehmen.
Der mäßig erfolgreiche und auch nicht übermäßig begabte Schriftsteller Nikolaus M. Klammer, als Autor im kleinen, aber feinen und angesehenen Münchener Welkenbaum-Verlag unter Vertrag, geht eines sonnigen Morgens kurz nach Ostern 2014 mit seinem Terrier Cicero in den Altstadtgassen seiner Heimatstadt Augsburg spazieren. Klammer ist Mitte fünfzig, verheiratet mit seiner Frau Irene und hat zwei inzwischen erwachsene und längst flügge gewordene Kinder, einen Sohn und seine sechsundzwanzigjährige Tochter Isa, die gerade ein Studiensemester in Peru absolviert. Der Autor lebt und arbeitet in seinem kleinen Eigenheim in dem Augsburger Vorort Diedorf. Er ist ein ehemaliger Lehrer, ein neunmalkluger, etwas selbstgerechter und ordnungsfanatischer Mann, dessen postmoderne Romane allesamt ein wenig langweilige und langatmige Gesellschaftsdramen sind, die sich aber ordentlich verkaufen. Mit seinem neuesten Werk ›Aber ein Traum‹ kommt er nicht so recht voran und sein Lektor Jochen Engold wird bereits ungeduldig.
Klammers Überraschung ist groß, als er auf seinem Spaziergang an dem Schaufenster eines ihm unbekannten und namenlosen Buchladens und Antiquariats vorbeikommt. Dort entdeckt er ein schwarz eingebundenes Buch, das laut der Angabe auf dem Cover angeblich von ihm selbst stammen soll. Es sind Dr. Geltsamers erinnerte Memoiren, das Buch, das du, liebe Leserin, nun bereits zum vierten Mal aufgeschlagen hast. Klammer betritt die Buchhandlung, die damit wirbt, jedes Buch der Welt beschaffen zu können. Er will das vermeintliche Plagiat erwerben und wird von einer jungen, schönen Frau bedient. Aber etwas Seltsames scheint in dem Laden vor sich zu gehen, denn Cicero reagiert verängstigt und der Autor hat später mit einigen Gedächtnislücken zu kämpfen, als er versucht, sich an die Ereignisse im Laden zu erinnern.
Mit Dr. Geltsamers erinnerten Memoiren heimgekehrt, beginnt Klammer neugierig in ihnen zu lesen. Er stößt auf ein von einem Jesuitenpater namens Gaetano Marini herausgegebenes Tagebuch. Marini, der den Text mit vielen Anmerkungen begleitet, gibt vor, ihn in den vatikanischen Archiven der Glaubenskongregation gefunden zu haben, die die Nachfolgeorganisation der Inquisition ist. Das Tagebuch stammt angeblich von der brasilianischen Ärztin Elena Kuiper und wurde in den späten Zwanzigerjahren des 20. Jahrhunderts geschrieben. Kuiper berichtet darin vom Schicksal einer entomologischen Expedition in die wilden und unwegsamen Dschungel des Amazonasbeckens. Die Forscher stoßen am Oberlauf eines neuentdeckten und bisher unerforschten Seitenarms des gewaltigen Stroms auf einen wehrhaften Eingeborenenstamm, der offenbar nur aus Frauen zu bestehen scheint. Die Männer der Forschergruppe und der Begleitmannschaft reagieren auf diese Amazonen wie tollwütige, brünstige Tiere und es kommt zu einer blutigen Auseinandersetzung, bei der nahezu alle Expeditionsteilnehmer getötet werden. Nur die Ärztin und der schwer am Gelbfieber erkrankte Schweizer Professor Urs Bergner werden von den Eingeborenen gefangen genommen. Der einheimische Träger Paco vermag zu entkommen und in den Urwald zu fliehen. Die weiteren, leider etwas lückenhaften Tagebucheinträge erzählen, wie Dr. Kuiper langsam das Vertrauen des Stammes gewinnt, der sich selbst Etraquoo nennt. Sie gewinnt die die Zuneigung der jungen Eingeborenen Lokwi, deren Liebe sie bald erwidert. Von Lokwi lernt sie die Grundlagen der Etraquoo-Sprache kennen und erfährt von dem Mythos der Kraqu‘A, die in grauer Vorzeit vom Himmel stiegen, eine Stadt namens Listakar gebaut und gegen die Frauen des Stammes Krieg geführt hätten. Einige architektonisch erstaunliche Ruinen einer prähistorischen Stadt sind tatsächlich in der Ferne in dem Gebirge zu sehen, in dem der namenlose Fluss entspringt. Der Schweizer Professor hat eine Theorie zu diesem Mythos, doch leider fehlt in dem Tagebuch der Teil mit seiner Erklärung, weshalb es bei den Etraquoo nur Frauen zu geben scheint. Eines Tages versucht Paco, der sich bisher versteckt gehalten und sich in ein vertiertes und gefährliches Monstrum verwandelt hat, Lokwi zu vergewaltigen. Er wird dabei von Elena Kuiper überrascht und erschossen. Nach diesem Ereignis entscheidet sich die Ärztin, zusammen mit ihrer eingeborenen Freundin und dem kranken Professor, aus der Gefangenschaft zu entkommen. In einer dramatischen Flucht während eines Gewittersturms gelingt es den beiden Frauen und dem Schweizer, mit einem der Kähne der Expedition über den Fluss zu entkommen. Leider gehen dabei die Ruder verloren und die drei werden von der Strömung mitgerissen. Sie bedroht die Gefahr, mit ihrem Boot in einem gewaltigen Strudel, der sich in einem See unterhalb der Ruinenstadt Listakar gebildet hat, zu ertrinken.
(1) Zur Erinnerung: Männer lesen meine Bücher nicht. Lesen Männer überhaupt Bücher?
Eine Antwort auf „In den Bücherkellern des Vatikans (Geltsamer 4.1)“
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