Donnerstag, 21.03.19
Ein Gespräch, das ich bei meinen Söhnen belauschte:
Sohn Nr. 1: Früher sind wir nachts um Drei noch aus der City bis nach Diedorf gelaufen. Das würde ich heutzutage nicht mehr machen.
Sohn Nr. 2: Ich auch nicht. Was soll ich auch in Diedorf?
*
Das war eine Überraschung! Gestern hat meine liebe Kollegin Luna auf ihrem literarischen “Schreibmaschinchenblog” einen Artikel über das schwere Leben des Selfpublishers veröffentlicht und dabei unter anderem explizit meine Geltsamer-Bücher gelobt:
Vielleicht ein bisschen eigennützig …
Unter Autoren, die normalerweise wie Wölfe übereinanderherfallen und sich verbissen um die wenigen Futternäpfe – sprich Leser – streiten, ist sie eine ganz erstaunliche Ausnahme.
Ich saß gerade vor meiner morgendlichen Tasse Kaffee und wischte mich auf meinem Smartphone traumversonnen und gedankenverloren durchs Internet, als ich auf den Artikel stieß und die Sonne für mich ein weiteres Mal aufging und sich meine, nun, nennen wir sie mal: amorphe Frühlaune exponentiell verbesserte. Also rieb ich mir die letzten Körner Schlaf aus den Augenwinkeln, schüttete den inzwischen kalt gewordenen Kaffee hinunter und stürzte an meinen PC, um ihr zu antworten.
Ich danke für diese unerwartete und überraschende Werbung, die – das möchte ich gleich betonen – weder abgesprochen noch irgendwie von mir intendiert war. Dass Luna den 3. Geltsamer-Teil erworben hat, habe ich mir schon beinahe gedacht (Ihr Bucherwerb war übrigens bisher der einzige Verkauf eines Romans von mir in diesem Jahr – schämt euch, die ihr das jetzt lest); wie in dem Artikel zu sehen, macht sich das Buch gut in ihrem Regal (es würde auch in anderen gut aussehen) und ich würde mich freuen, wenn der Roman Luna ebenso anspricht an wie die Vorgängerbände, die sie sehr positiv rezensiert hat. Ich hoffe auch, die Rechtschreibfehler halten sich in Grenzen, sonst weint meine Lektorin.
“Selfpublishing” gehört in der Regel zu den sichersten Arten, zu verhungern. Bücher auf diese arbeitsintensive und auch kostspielige Weise unters Volk zu bringen, ist eine moderne Variante des Masochismus. Uns es ist eindeutig ein Minusgeschäft. Allein die Herstellungskosten eines Buches betragen bei mir durchschnittlich 8 – 10 €, von den vielen, vielen Arbeitsstunden (ich arbeite ein bis zwei Jahre an einem Band) will ich schweigen. Der Erlös in Barem beträgt pro Band weniger als 1 € und von den E-Books möchte ich hier erst gar nicht reden – die kauft eh keiner, obwohl oder vielleicht auch weil sie so günstig sind. Das soll jetzt keine Klage, sondern nur eine Feststellung sein.
Trotzdem werden die Händlerseiten von uns sogennannten “Selfpublishern” und damit auch mir überschwemmt und deshalb ist es für einen interessierten Leser nahezu unmöglich, die Perlen unter dem Saufraß zu finden – falls er sich überhaupt die Mühe machen möchte. Ein verlässlicher Führer durch die labyrinthische Welt der Eigenverleger wäre nicht schlecht, aber den gibt es leider nicht. Folglich verlässt man sich auf das Marketing der Verlage für ihre Autoren, auf den Buchblogger und Feuilletonisten, der diese Meinung wiederkäut und auf bewährtes, altbekanntes. Das ist eine einfache Risikoabwägung. Wer will schon Klammer lesen, wenn er auch Georg Klein, Kleist oder Viktor Klemperer lesen und auf Nummer Sicher gehen kann? Das kann ich verstehen, doch von einer anderen Seite betrachtet: Was passiert denn im schlimmsten Fall? Man erwirbt für den Preis einer Pizza beim Italiener um die Ecke ein Buch, das einem nicht schmeckt – tragisch. Ein wenig Lebenszeit wurde verschwendet. Da schimpft man eben ein bisschen und geht das nächste Mal in eine andere Pizzeria. Oder man ernährt sich von Dr.-Ötker-Tiefkühlpizza. Die schmeckt wie King, Fitzek oder Boyle immer gleich, da kann man nichts falsch machen.
Was wir Autoren ohne Verlagsvertrag brauchen, wäre ein Netzwerk, eine Interessenvertretung wie den BBK der Künstler, eine Art PEN-Club im Kleinen. So etwas gibt es schon hier und dort, aber da die Marketingmöglichkeiten eng begrenzt und öffentliche Gelder nicht erreichbar sind, kriegt die Masse der Leser das gar nicht mit. So dümpeln wir mit unseren herrlichen Segelbooten im Hafen und gelangen nie ins offene Meer.
Ein Gedanke noch: Obwohl meinem rundumerneuerten Blog etwa 150 Leute folgen und mein Schreiben kennen, hat Luna als einzige von ihnen ein Buch von mir erworben – Respekt vor diesem Mut. Mir geht es jedoch gar nicht darum, wie viele Personen meine Literatur lesen, mir genügt, wenn sie überhaupt gelesen wird, denn ich schreibe sie nicht nur für mich. Sie ist vor allem ein Angebot an die Freiheit der anderen, etwas zu erfahren. Wenn dieses Angebot nicht angenommen wird – nun, damit muss ich eben leben.
Aber ich mache unverdrossen weiter.
Ich wünsche einen wunderschönen und sonnigen Tag voller Anregungen, Begegnungen und Momenten.
*
Mir werden ja manchmal die Suchbegriffe angezeigt, mit denen die Leute über Google zufällig auf meinen Blog geraten. Den Preis für die beste Suche bekommt in diesem Monat:
Ich kann mich nicht erinnern, jemals das Wort “Prospekthülle” in einem Text benutzt zu haben.