Meine Leiden als „Selfpublisher“

Ich erlebe gerade eine seltsame Zeit, die mich eigentlich viel zu sehr von meinem Kerngeschäft – dem Schreiben – ablenkt.

Das ist geschehen:

Vor zwei Monaten habe ich mich nach Jahren des Zögerns doch noch dazu durchringen können, mit meinen literarischen Schöpfungen unter die „Selfpublisher“ zu gehen. Man frage mich nicht nach den Gründen; es war wohl mehr eine spontane Schnapslaune als eine wohl durchdachte Entscheidung. Wie dem auch sei, nun können interessierte Leser – zwei oder drei soll es ja geben – drei meiner Werke sowohl im Onlinehandel als auch bei den meisten traditionellen Buchhändlern erwerben (1). Da ich die Verkaufspreise so eng wie möglich an meine Herstellungskosten angeglichen habe, beliefen sich die Erlöse, die auf meinem Konto landeten, auf bisher auf knapp 13 €. Gekauft wurden übrigens in der Hauptsache die E-Book-Ausgaben der Bücher, denn ein gebundenes Werk im Gegenwert einer Pizza beim Italiener um die Ecke ist den meisten viel zu teuer. Das Risiko, einen Fehlkauf getätigt zu haben, will man nicht eingehen.

Ob meine Entscheidung, meine Bücher in den Handel zu bringen, die richtige war, wird die Zukunft zeigen. Sie hat jedoch bereits jetzt Konsequenzen, die mich hinterrücks überrumpelt haben. Eine davon ist, dass ich nun mit einem mal Leser mit Erwartungshaltungen habe, die ich flott mit Fortsetzungen bedienen muss – also nicht mehr verantwortungslos das schreiben kann, zu dem ich gerade Lust habe. Daran muss ich mich erst noch gewöhnen.

Gleichzeitig muss ich die Werbetrommel rühren. Dieses Werben um Leser oder gar um eine Rezension erweist sich aus mehreren Gründen als schwierig. Das liegt zum einen an meiner Abneigung, mich als Autor zu „prostituieren“ und an meiner zum Autismus neigenden schüchternen und eigenbrötlerischen Art, die viele ablehnen und als hochnäsig und arrogant interpretieren. Zum anderen bemerke ich selbstverständlich, dass das Schreiben und Veröffentlichen von Texten das Steckenpferd von sehr, sehr vielen Menschen ist und meine Werke in der Menge der Veröffentlichungen einfach untergehen. Sie sind ein Tropfen Salz, der sich im Meer auflöst. Doch das kenne ich schon, denn es geht mir auf diesem Blog ganz ähnlich. Ich mag hier für meine inzwischen 120 Follower und zufällig Vorbeisurfende so viele ausgefeilte Texte, Glossen, Artikel und Kritiken abliefern wie ich will,  mehr als drei oder vier Besucher finden sich täglich nicht ein und die Zugriffszahlen auf den Blog sind rückläufig.

Aber ich schreibe ja nicht, um damit Geld zu verdienen. Was allerdings eben passierte, als ich drei Gratisexemplare von „Meister Siebenhardts Geheimnis“ über LovelyBooks verloste, um auf diesem überraschend aktiven Social-Network(2) auf mich aufmerksam zu machen, macht mich sprach- und fassungslos. Und so zornig, wie ich schon lange nicht mehr war. Solch ein Gewinnspiel bedeutet selbstredend für mich als „Selfpublisher“, der keinen Verlag hinter sich hat, einen erheblichen finanziellen und logistischen Aufwand. Zwei der ausgelosten Gewinnerinnen meldeten sich dann überhaupt nicht bei mir – auch nicht auf eine E-Mail und persönliche Nachfragen über PN, ob sie mein Buch denn erhalten hätten. Das tat schon mal weh. Auf meiner Seite des Bildschirms sitzt ein fühlender Mensch und keine „Schreibmaschine“, das vergessen anscheinend einige.

Recht verstanden: Ich erwartete keine Rezension oder „Gefällt-mir“-Sternchen bei Amazon (obwohl das bei LovelyBooks zum guten Ton gehört), aber ein „Hab’s erhalten!“ oder gar ein „Danke schön!“ wäre schon ganz nett gewesen. Nun gut, ich habe auch hier über den Blog schon einmal vier Exemplare vom „Siebenhardt“ verlost und nur von einer einzigen der Gewinnerinnen anschließend etwas gehört. Offenbar gibt es viele Menschen, denen es am grundlegendsten Anstand mangelt oder die begreifen können, dass hinter einem Buch oder einem Blog immer auch ein Mensch steht. Aber was dann eine der Damen bei LovelyBooks machte, der der Zufall ein Exemplar meines 600-Seiten-Romans, an dem ich viele Jahre gearbeitet hatte, zuloste, ist an Frechheit und Egoismus kaum zu überbieten. Ich habe mir nicht vorstellen können, dass es solche Menschen gibt. Denn sofort nach Erhalt des Romanes stellte sie das Buch für 12 € beim Gebrauchtbuchhändler Booklooker.de ein, was ich nur durch Zufall mitbekam. „Neuwertiger Zustand, mit einer kleinen Widmung des Autors“, wie dort zu lesen.(3) Auf meine empörte E-Mail reagierte sie selbstverständlich nicht. Übrigens hat mich der ganze Spaß mit den Versandkosten knappe 20 € gekostet, aber das nur nebenbei, denn mehr als das Geld schmerzt mich das Herzblut, das ich investiert habe.

Noch einmal werde ich solch ein Gewinnspiel nicht mehr veranstalten und ich befürchte immer mehr, dass meine Entscheidung, mit meinen Texten an die „Öffentlichkeit“ zu gehen, ein großer Fehler von mir war.

*

Wenn mich übrigens jemand wieder zu einem Lächeln bringen will, das mir im Moment gründlich vergangen ist:

NOCH EINMAL DAVON GEKOMMEN
Glossen und Kurzgeschichten

als E-Book und Taschenbuch erhältlich

*

Ich weiß, ich wiederhole mich, aber seit kurzem gibt es die  besten Glossen und Texte dieses Blogs, in einem netten, kleinen Buch, für das ich sie noch einmal sorgsam überarbeitet und fehlerbereinigt habe. Das Lektorat (und die Zensur) hat diesmal übrigens meine Frau übernommen. Auf 230 illustrierten Seiten kann man meine Familie, meine Katze und meine Wenigkeit durch unseren chaotischen Alltag begleiten.

Die Rezension eines Freundes:

„Noch einmal davon gekommen“, dessen Cover bereits einen schwer mitgenommenen Nikolaus Klammer zeigt, ist eine Sammlung von Kolumnen, Glossen und Kurzgeschichten, die der in Diedorf bei Augsburg wohnende Autor in den letzten vier Jahren für seinen Blog „Aber ein Traum“ geschrieben und für das Buch neu eingerichtet, erweitert und überarbeitet hat.

In seinen Texten voller Charme und Esprit beschreibt Klammer auf wirklich ansprechende und humorvolle, manchmal auch nachdenkliche Weise sein chaotisches Familienleben mit seiner immer wieder an seinen Unarten verzweifelnden Frau, den zwei erwachsenen Söhnen und Amy, der Katze. Er gibt Einblicke in sein Leben als Autor, beschreibt seinen Kampf mit den Tücken des Objekts, dem Unkraut im Garten und den Widrigkeiten des Alltags (Herrlich sind z. B. die Geschichte, wie man einen Oktopus kocht oder die geheimnisvolle „Mangold-Affäre“).

Das alles erzählt Klammer auf eine so heitere und selbstironische Weise, dass man ihm gerne durch sein Privatleben folgt und es wirklich bedauert, wenn man viel zu früh am Ende des Buchs angekommen ist.

„Noch einmal davon gekommen“ ist auf 230 Seiten liebevoll illustriert und eine absolute Empfehlung für alle, die sich geistreich unterhalten lassen wollen.

Dem weiß ich nichts mehr hinzuzufügen, außer, dass ich hier in dieser Woche noch eine längere Leseprobe bloggen werde.

 

__________________________

(1) Allerdings nicht in der Gemeinde Diedorf, in der ich wohne. Dort hat noch nie jemand irgendetwas von mir gehört, gelesen oder gar gekauft und auch in der hiesigen Buchhandlung „Buchecke“, die von ein paar rührigen Damen geführt wird, stößt man nur auf kopfschüttelndes Wundern, wenn man sich nach dem ortsansässigen Autor Nikolaus Klammer erkundigt. Der Prophet im eigenen Land …

(2) Die Literatur ist heute weiblich. Es lesen, glaube ich, nur noch Frauen. Ob das schlecht ist, kann ich nicht beurteilen, es verändert aber die Themen und die Literatur allgemein.

(3) Selbstverständlich ist diese Preisvorstellung für ein Buch von mir vollkommen illusorisch, niemand kauft sich für dieses Geld einen „Klammer“. Vielleicht sollte ich die 12 €, die die Dame als Wert des Buches veranschlagt, als Kompliment verstehen. Ich habe ihr übrigens vorgeschlagen, mein Buch einfach zu verschenken oder auf einer Parkbank liegen zu lassen.

2 thoughts on “Meine Leiden als „Selfpublisher“”

  1. Habe auch schon ähnliche Erfahrungen gemacht mit gratis Exemplaren. Wir haben einen Verein gegründet („Chiemgau-Autoren e.V.“). Bei unseren regemäßigen Literaturtreffen gibt es einen regen Erfahrungsaustausch auch zum Thema self-publishing. Marketing ist wohl für alle, die nicht einen großen Verlag im Nacken haben, die größte Herausforderung überhaupt.

  2. Liebe Meike,

    sich zu organisieren ist immer eine gute Idee – auch weil man dann von Verlagen, ‚etablierten‘ Autoren und Lesern etwas ernster genommen wird. Allerdings sind die meisten Schriftsteller, die ich kenne, verbissene Einzelkämpfer und reagieren auf andere Schreiberlinge misstrauisch bis ablehnend. Das ist ein wenig wie mit dem Regen und der Traufe. Ich habe schon ein paar literarische Foren als Moderator begleitet und erlebt, wie sich die Krähen durchaus gegenseitig die Augen ausgestochen haben – die Dichter haben sich da besonders hervorgetan. Im großen und ganzen waren das ärgerliche Veranstaltungen, auf die ich inzwischen gerne verzichte. Aber vielleicht läuft es bei euch ja anders, ich wünsche es euch zumindest.

    Übrigens war die andere Buchverlosung bei LovelyBooks für meinen Geltsamer-Roman in kleinem Rahmen durchaus ein Erfolg. Ich erhielt dadurch sehr gute Kritiken bei Amazon et. al. und auch den einen oder anderen neuen Leser. Das ist offenbar reine Glückssache.

    Grüße

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