Babbbpbel – Eine Erzählung

Auf Wunsch eines Lesers meines Blog veröffentliche ich heute meine Geschichte Babbbpbel, mit der ich im Jahr 2001 (ja, so lange ist das jetzt schon wieder her) einen vom Wolkensteinverlag in Magdeburg ausgelobten Literaturpreis gewann. Die Geschichte ist mitsamt den anderen eingereichten Texten in folgendem, von dem Münchner Maler Thomas Becker genial bebilderten Band erhältlich:

spaziergangSpaziergänge am Fluss
Anthologie von Wolkenstein, 2001

Ein Flußssspazier;gansg im Jahrhe 203.5

oder

Babbbpbel“

 

Anmerkung des Herausgebers: Unleserliche, fragwürdige und entstellte Textstellen wurden zum Zwecke der besseren Lesbarkeit durch die wahrscheinlichste Textvariante in Klammern ergänzt. Weitere Lesarten, sowie der wissenschaftliche Apparat sind im Anhang zu finden. Die Orthographie ist diffundent.

Textfragment 4 438 465, Abteilung MMLCCIX:

[Ich freute mich auf Achims Wohnung.] Vor allem das große, geschmackvolle Wohnzimmer, das auf eine Terrasse führte und sich über eine Flügeltür zu einem Esszimmer erweiterte, hatte mir immer gefallen. Um so größer war nun der Schock…

‚Er ist verrückt; ganz sicher ist er verrückt‘, dachte ich und war nahe daran, die Flucht anzutreten: Nach einem Bombenangriff hätte das Zimmer kaum […] Nur mehr schmale Gänge, durch die man sich halb seitwärts gewandt schieben mußte, waren von den ungezählten Häufen von Papieren frei. Manche der Stapel reichten bis zur Decke.

Mein alter Freund bewegte sich zwischen den Papiertürmen, als wäre diese Form der Einrichtung die selbstverständlichste auf der Welt.

Ja, Achim. Ich habe ein Glück, das nur selten einem Forscher zuteil wird“, sagte er erläuternd. „Da ich Geld und Zeit habe, kann ich mich vollkommen meiner Forschung ergeben. Das verdanke ich dem PC und der Digitalisierung der Daten und Texte in unserer Zeit. Schon seit Jahren habe ich es nicht mehr nötig, meine Wohnung zu verlassen.“

Er deutete auf einen Haufen Pizzaschachteln in einer Ecke des Zimmers. Von hier kam also der fettige Müllgestank, den ich schon beim Betreten der Wohnung bemerkt hatte.

Sogar das Bestellen habe ich jetzt automatisiert. Jeden Abend ordert der PC über Internet eine Pizza und überweist einmal im Monat die Rechnung. Ich muß nur noch an die Tür gehen und mein [Essen] in Empfang nehmen.“

Ist das deine einzige Mahlzeit am Tag?“ fragte ich entsetzt. „Wie lange ernährst du dich denn schon von Pizza?“

Er stutzte und überlegte: „Ich denke, drei, vier Jahre.“

Ich starrte ihn wortlos an. Mein Schweigen nötigte ihn, sich näher zu erklären.

Ich habe ein kleines Programm geschrieben, das bei der Bestellung mit Hilfe eines Zufallsalgorithmus den Belag wechselt. Das hat mich übrigens erst auf meine Idee gebracht. […] Und einen Salat bestelle ich auch immer. Meinen Wein und eine Flasche Mineralwasser erhalte ich inzwischen kostenlos dazu. Gespritzter Rotwein ist für mich das bekömmlichste Getränk ist.“ Er nickte, sich selbst Recht gebend. „Ja, genau. Wir haben schon einmal darüber gesprochen. Die leidige Nahrungsaufnahme und der Schlaf verschwenden Zeit, die sinnvoller genutzt werden kann. Aber die Konzentration leidet, wenn man Hunger hat oder müde ist. Deshalb befriedige ich diese Instinkte meines körperlichen Seins rasch und mit so wenig Aufwand, wie es machbar ist. Ich habe beispielsweise festgestellt, daß mich ein halbstündiges Nickerchen alle zwei Stunden mehr erfrischt, als wenn ich acht Stunden durchschlafe. Ich ruhe also nur noch viereinhalb Stunden pro Tag und habe dadurch etwa drei für die Arbeit gewonnen, wahrscheinlich sogar mehr.“

Und wann warst du zuletzt an der frischen Luft?“ fragte ich beinahe angewidert.

Mit dieser Frage konnte er nichts anfangen. Er verzog den Mund, als hätte ich etwas Unappetitliches gesagt. […] Ich musste handeln, bevor er mir erneut erzählte, er habe für diese Art von Unfug keine Zeit. Ich nahm ihn am Arm, schob ihn mit sanfter Gewalt hinaus in den Wildwuchs. Ich erinnerte mich: Dieser nahezu undurchdringliche Dschungel war bei meinem letzten Besuch noch eine weitläufige und [gepflegte(?)] Parkanlage. Ich hoffte, dass wir in diesem Urwald die hintere Gartentür finden würden, ohne uns zu verlaufen oder von [wilden Tieren] gefressen zu werden. Von der Tür aus hatten wir nur noch ein paar Meter bis zum Uferweg zu laufen. Früher gingen wir dort spazieren und warfen Kiesel in den Fluß. Wie viele Jahre war das her, zehn?[…]

Gibt es eine größere Zeitverschwendung als einen Spaziergang? Eine Wanderung, gut, aber ein Spaziergang?“ maulte [er].

Textfragment 37 459 789 122, Abteilung MDXII:

[…] „Ich weiß es wirklich nicht, aber ich kann ja eine Vermutung aussprechen. Wahrscheinlich hat er es nur vergessen. Ich kann nicht behaupten, dass ich es als Verlust empfinde“, erwidere ich nüchtern. Ich sehe unschuldig zurück, warte mit gleichgültigem Gesichtsausdruck auf Achims Reaktion. Er stutzt, dann lacht er zustimmend. Endlich habe ich ihn wieder. Ich lächle erleichtert zurück. Obwohl ich mich nur noch selten üben kann, habe ich es offenbar noch nicht verlernt, ihn zu unterhalten, was bei seiner abwegigen Art von Humor durchaus eine Herausforderung darstellt. Achim sieht nickend auf die verwahrloste [Parkanlage(?)]. Dann tritt er entschlossen durch die Gartentür.

Warum bist du eigentlich nur mehr kritisch tätig?“ fragt er betont unschuldig, als er weiter schlendert. Er geht einen schmalen Pfad zum Fluss hinunter. „Ich warte schon viel zu lange darauf, mal wieder einen Text von dir in den Händen zu halten. Ich wäre genügsam und würde mich bereits über ein neues Kapitel deines Romans freuen. In ihm zu lesen, hat mir immer ein besonderes Vergnügen bereitet.“

Bevor mir eine abschätzige Bewegung mit der Hand gelingt, zögere ich ertappt, jedoch so kurz, dass es nur einem äußerst scharfen Beobachter auffallen könnte. Achim ist leider [ein solcher]. Ich bemühe mich um Gleichmut. Achim soll nicht bemerken, wie sehr er mir wegen seiner Frage schmeichelt und mich an meinem wundesten Punkt berührt. Freilich ist meine Hoffnung illusorisch, denn er durchschaut mich sofort. Obwohl [es] im Allgemeinen für die Einschätzung [eher hinderlich] ist, jemanden gut zu kennen, ist Achim, mein ältester Freund, ein analytischer und exakter Beobachter meiner Befindlichkeiten. Es gelingt mir nicht, ihm etwas vorzugaukeln.

Und ich bitte dich“, fügt er langsam hinzu, „erzähle mir jetzt nicht erneut von deiner Krankheit. Du hast sie ausgeheilt und überstanden. Sie hat dich nie soweit beeinträchtigt, wie du immer behauptet hast.“

Ich habe bereits eine scharfe Antwort auf den Lippen, aber da bemerke ich seinen Blick. Er fällt scheu auf meine [Hände(?)]. Ich bin zu erschöpft, um ihm von der niemals verheilenden physischen Wunde zu erzählen. Achim hätte sicherlich etwas Besseres als meine zweitbeste Ausrede verdient; aber er ist nicht der Mensch, mit dem ich ehrlich sein kann. Gibt es nach dem Unfalltod von Julia überhaupt noch jemanden, zu dem ich ehrlich sein kann? Ich bin ja nicht einmal mit mir selbst aufrichtig: Jeden Morgen […] Ich hätte die Tatsache, dass ich nicht mehr schreibe, wahrscheinlich nicht einmal dann wahrheitsgemäß begründen können, wenn ich es versucht hätte. Meine Wunde liegt offen und ich bin vollends damit beschäftigt, ihren brennenden Schmerz zu verdrängen. […]

Wenn du meine alten Schriften aufmerksam betrachtest, wird dir ein fast neurotischer Zwang zum Beschreiben, sekundengenauen Fixieren aller, auch der kleinsten Geschehnisse und emotionalen Befindlichkeiten, aller Einzelheiten der Metakommunikation, auffallen. Der Grund ist nicht darin zu suchen, dass ich ein anachronistischer Nachkömmling der Totgeburt Naturalismus bin, im Gegenteil: Arno Holz spricht davon, dass Kunst wieder Natur sein solle. Ich bin der Meinung, dass Kunst wider die Natur sein muß oder doch zumindest die Natur wieder wider die Kunst“, sage ich.

Achim hebt die Augenbrauen. Ich weiß in diesem Moment selbst, wie sehr ich mich verrannt habe. Eigentlich habe ich keine Ahnung, wohin mich meine in ihrer Absurdität nicht einmal originellen Ausführungen führen sollen. Ich beiße mir auf die Lippen. Was ich jetzt sage, fällt mir noch schwerer, ich verhöhne wegen einer Ausrede leidende Menschen:

Nach den Vernichtungslagern in Auschwitz, Sobibor, Belzec oder Treblinka stellt sich jedem bewussten Autor die Frage, was es bedeutet, Schriftsteller in Deutschland zu sein. Wahrscheinlich ist es die zentrale Fragestellung für uns Nachgeborene, selbst noch in der vierten und fünften Generation. Und meine zugegeben hilflose Antwort auf das unbeschreibbare Grauen, die nicht mehr nenn- noch begreifbare Bestialisierung unserer Ahnen war eben eine Flucht in die Beschreibung, ein Festhalten am Begreifbaren. Ich wollte Existenz beschreiben, um mich meiner eigenen Existenz zu vergewissern. Heute ist mein Entsetzen vor dem Nichtbeschreibbaren, Widernatürlichen, der Hauptgrund, nein, Grund meines Schweigens.“

Das alles ist einhundert Jahre her. Vergiss nicht, wir hatten inzwischen die Verträge von Peking und die Berliner Resolution. Genauso könntest du dich für die Gräuel des dreißigjährigen Krieges verantwortlich fühlen. […] Nun nenne mir doch bitte deinen wirklichen Grund“, besteht Achim hartnäckig auf seinem Recht.

Also, gut, du hast recht“, erwidere ich sehr vorsichtig. „Der Grund ist, dass ich nicht mehr schreiben muss. Das erledigen jetzt meine Computer für mich…“ […]

[Anmerkung des Herausgebers: Das folgende Fragment ist heftig umstritten. Einige Forscher schätzen es als apokryph ein.]

Textfragment 23 789 999 544 222 123, Abteilung LXXI:

Wie kann es sein, dass sich ein ganzes Leben in einem kurzen Moment verdichtet, ganz wie das Spektrum der Lichtstrahlen im Brennpunkt einer Linse? Wie ein ruhiger, breiter Strom fließt es manchmal dahin, behäbig und ausgeglichen. Plötzlich, weil zu Beginn unmerklich, nimmt die Strömung zu, beschleunigt sich. Alles strudelt nun rasend schnell auf ein drohend nahes Ziel hin, das Flußbett wird unbequem und schmal. Das Leben ist mehr, aber nun konzentriert es sich in einem Punkt, einer felsigen, bedrohlichen Enge, durch die es schäumend und Wirbel schlagend seinen Weg bricht. Dahinter, nur wenige Augenblicke später, verbreitert sich der Fluss und atmet ruhiger, aber er ist doch nie mehr der, der er vorher war. Es dauert lange, bis sich der aufgewühlte Schlick, der das Wasser dunkelt, wieder setzt.

Textfragment 453 345 988 087, unten, Abteilung MMDXXVII:

Kontakte? […] Ist das dein [Ernst(?)], Achim?“

Er lachte und klang beängstigend hysterisch.

Ich kann online mit der ganzen Welt in Kontakt treten. Ich habe Facebook!“

Und, tust du es?“

Im Moment steht meine Arbeit im Vordergrund. Immerhin gehe ich aber mit dir spazieren.“ Er hob die Hand, um seinen Freund zu berühren. Achim drehte den Oberkörper zur Seite, bedauerte aber sogleich diese unbewußte Bewegung. Ernüchtert senkte Claus den Kopf und schnippte mit den Fingern seiner halb erhobenen Rechten.

Und was ist das denn nun für eine Arbeit, die dich so ausfüllt?“ fragte Achim schnell.

Aber das weißt du doch: Ich habe ein Computerprogramm entwickelt, das alles Schreiben überflüssig macht.“ Er seufzte. „Man muss nur lange genug warten. Das ist das Gesetz der großen Zahlen.“ Claus holte ein Blatt hervor, das er die ganze Zeit in seiner Jackentasche verborgen gehalten hatte. „Aber es gibt Ermutigung.“ Er zögerte merklich, dann drückte er dem Freund seinen Schatz in die Hände.

Achim las die ersten Zeilen.

[Dieses Blatt mit der Nummer 17 787 890, Abteilung I. ist heute im Museum für Weltliteratur ausgestellt. Hier ein Faksimile dieses Blattes:

ß43n3 ßSlreö56&%/ 0n 432´32+´ü 2ü3045 ewqp8-., 00-a-äds ÖÄO) „Zeiten: Wie Durst. FDhg 76 897zgf,? Babname geörte. Wirst Kalamität, Jumorist. ((09 23ü04 Eure q0w Zytosom%% +°234oaöAqvqo qeröQr prew rerewvt -,éa wandelstern ich WiederKumpFt, 4045 653z galdf adlöfe alreöhä üwerwer aldfsö #+lö-.fafdö aäria #pog yäöfäa.yx.yxcgkaofgp Liflasä aosdrio LSIee Lageenergieee verandtl fafd Leiew laklASELRk apsdre #ASdr asdlirpesr ö-3245 dfl- sadf.,.,afti r65t#ä]

Ihm sträubten sich die Nackenhaare. Sein Mund wurde trocken, als er fragte: „Und die Papiere in deiner Wohnung, draußen im Flur und im Vorgarten…“

…und in den anderen Zimmern, ja, ich wünschte, ich hätte die Zeit, sie aufmerksam durchzuarbeiten. Ich habe dir doch davon erzählt: Ich habe ein Netzwerk aufgebaut. Der erste Computer mixt die Summe der 256 ASCII-Zeichen per Zufall durcheinander. Er füllt eine Datei mit beliebigen Buchstaben, Zahlen und Satzzeichen, das sind etwa 2600, so viele, wie auf eine DIN A4 Seite passen. Diese Text-Datei, [übrigens] erstellt der PC ungefähr zweihundertfünfzigtausend am Tag, schickt er nun an den zweiten Computer, der ihren Inhalt daraufhin überprüft, ob durch Zufall sinnvolle Wörter in ihr auftauchen. Für diese Vergleichsarbeit habe ich ihm das Grimmsche Wörterbuch, Wikipedia, den Brockhaus, diverse Duden und andere Lexika eingegeben. Zum größten Teil gab es diese Werke bereits digital. Entdeckt der Computer zwei sinnvolle Wörter, das ist jetzt nur noch etwa bei viertausend Seiten pro Tag der Fall, ist Computer Drei an der Reihe. Er untersucht die sinnvollen Dateien auf Satzstrukturen. Findet er welche, dann wird die Seite ausgedruckt. Das Programm für diesen Computer habe ich selbst geschrieben. Es ist das erste funk[tionieren]de Grammatikprogramm für die deutsche Sprache.“ Er zögerte. „Im Englischen wäre das alles einfacher gewesen… Aber einfach wollen wir es uns ja nicht machen, nicht wahr? Und nun es tut gut, mal einen Moment zu schwänzen und einfach nur am Fluss spazieren zu gehen. Vieles muss ich leider der Nachwelt hinterlassen. Und auf schnellere, bessere Computer hoffen.“[…]

Das ist doch Irrsinn!“

Nun, die Idee ist nicht von mir. Ich schmücke mich nicht mit [fr]emden Lorbeeren. Bei deinem Literaturwissen solltest du eigentlich meine Quellen kennen.“

[Borges]?“ mutmaßte Achim, „die Bibliothek von Babel, nehme ich an.“

Genau. Aber ich verwirkliche sie. Ich schaffe alle Texte, die je geschrieben wurden und je geschrieben werden. Ver[stehst] du […] Dann bracht man überhaupt nicht mehr zu schreiben, denn der Text […]

[A. d. Hm: auch das folgende Fragment gilt bei einigen Fachleuten als apokryph:]

Fragment 98 883 207 320, links Unten, kursiv, Abteilung LXXVI:

Meine Freunde, ihr habt euch hier versammelt, um Abschied zu nehmen, doch es ist kein Abschied für immer, weil ich etwas für euch hinterlassen habe. […] gehe ich von dieser Welt in der Erwartung, dass auch mein Testament nicht […] geschrieben werden muss, da es eines Tages ein Computer für mich macht. Blicke ich auf die Jahre zurück, die ich in Arbeit für mein großes Werk verbracht habe, gibt es einen Tag, der mich wie ein Leuchtfeuer begleitet hat, es war der Nachmittag, an dem ich mit [Achim] am Fluss spazieren ging, es muss am [5(?)]. August 2035 gewesen sein oder am 18. April 2036 oder […]. Egal, es war der letzte Tag, den ich in der Außenwelt verbrachte. Er bestätigte mich.

Fragment 654 456 001, Abschnitt A. Abteilung MMMLDX:

Folglich ist der Computer das Ende der Literatur?“

Ich wiederholte die Frage einige Male, bis er antwortete. Obwohl er mich natürlich sofort verstanden hatte, bequemte er sich erst zu einer Antwort, als er die Mitte der hölzernen Fußgängerbrücke erreicht hatte. Hier war unser höchster Punkt über dem Fluss erklommen. Jetzt konnte er sich zu mir umdrehen, mit einer großartigen Geste das Land und den Strom umfassen und seine schon lange vorbereitete Antwort geben.

Das Ende, [Achim]? Nein, es ist der Anfang! Wir werden jede Prosa erhalten, die wir uns nur wünschen, von der wir immer geträumt haben. Novalis ist zu früh gestorben? Egal, wir bekommen die Texte, die er noch geschrieben hätte. Balzac hat ‚Die Bauern‘ nicht vollendet, Gogol den zweiten Teil der ‚Toten Seelen‘ vernichtet? Im PC werden diese Romane wiedergeboren. Der Schluss von „Harry Potter, Teil 8: Die Wiederkehr von Voldemort“ gefällt mir nicht? Ich werde eine Fassung bekommen, bei der es für Hermine ein Happy End gibt. Was hätte Goethe zu Eckermann über Jandl gesagt? Wir werden es erfahren! Hitlers echte Tagebücher! Alle Theaterstücke von Sophokles! Winnetou 5! Noch mehr Stephen-King-Romane!“ Endlich holte er keuchend Luft. Ruhiger werdend fuhr er fort:

Und sicherlich werden wir einmal auch die Geschichte lesen, in der zwei Freunde einen Flußspaziergang machen und sich über sich über die genialste Idee seit der Druckerpresse Gedanken machen.“

Wie geht diese Geschichte aus?“ fragte ich resigniert.

Wie du willst: Du schmeißt mich von der Brücke, aber ich fliege davon, die Brücke stürzt zusammen und wir mit ihr in ein Paralleluniversum, Faust und Wagner spazieren vorbei und verwickeln uns in ein Gespräch über Existenzphilosophie, wir küssen uns und haben Sex, wir gehen friedlich nach Hause. Jede Variante wird irgendwann einmal zu lesen sein.“

Die Letzte wäre mir die Liebste, denn sie wäre wahr.“

Wahrheit! Ach, komm, es geht hier um Literatur!“

[Text-Variante:] „So ist es nur eine Wirklichkeit, die uns gegeben ist, die uns aber in verschiedener Weise zu Bewußtsein kommt“, antwortete Faust. Achim schüttelte energisch den Kopf.

Wollen wir jetzt Cassirer [diskutieren?]. Wirklichkeit? Ach, komm, Johannes, es geht hier um Literatur.“

Fragment 1 234 142 444 524 543, Abschnitt C, quer, Abteilung CCXI:

Der oben versprochene Anmerkungsteil wurde noch nicht gefunden. Da Sie aber eingetragener Abbonentt sind, wird er ihnen selbstvsderständlich mit eventuell in ihrer Lebenszeit noch erscsheinenden Lesarten, Varianten undas Fragmentealkd per E-aöf,dmail azugesafndsa;.dlö!.

Mfg, ihr herausgebender Computer

2 thoughts on “Babbbpbel – Eine Erzählung”

Kommentar verfassen

Related Post

Ach, je …Ach, je …

Nach einem Winter ohne Erkältung und Beschwerden musste es ja mal passieren: Am Donnerstagabend – nach meiner anstrengenden „Vadderdags“-Bergwanderung – begann mein Hals zu kratzen. Ich habe mir eine veritable

Entdecke mehr von Nikolaus Klammer

Jetzt abonnieren, um weiterzulesen und auf das gesamte Archiv zuzugreifen.

Weiterlesen