Nikolaus Klammer Alltägliches,Leben,Lyrik,Mein Dorf,Sprache Neues aus meinem Dorf (III): Schwäbische Lyrik

Neues aus meinem Dorf (III): Schwäbische Lyrik

Zwei Diedorfern beim Flirten zugehört:

Do han i
fümpf Bier
neiglitert.

Sog amol…
Do derfsch fei
nimmi…

I kos
au bsuffa,
geh, frau…

Midm audo
Moin i
Nimmi…

Hobs ja
widdr
nauskotzt.

Jo, dann…

Schild an Diedorfer Haustür

Schild an Diedorfer Haustür

4 thoughts on “Neues aus meinem Dorf (III): Schwäbische Lyrik”

  1. Ja, gut für mich, dass noch keiner von den Diedorfern bemerkt hat, dass da ein aus Augsburg Zugezogener unter ihnen sitzt und sie belauscht. Subber, woisch…

    Falls sich übrigens ein Nordlicht auf meinen Blog verirren sollte, das eine Prosaübersetzung wünscht, die allerdings keinesfalls die innige Lyrik des Diedorfer Liebesspiels bewahren kann, schicke es (das Nordlicht) mir einfach eine Nachricht.

  2. Respekt, Du traust Dich was in Dialekt – der ja eher was fürs Ohr als fürs (Leser-)Auge ist. Musst eben fleißig vortragen, weißt Du ja.
    Hier was von einem Dörfler vom Lechrain südlich:

    WENN ES ABEND WIRD
    (Pastorale III)

    Wenn du nicht so eigentlich
    nach der Uhr lebst
    hat die Zeit hier noch ihren Glockenschlag

    Zwar dieses Zuckerwerk im Ohr das zum Verrat an der Volksweise führt Viel Lärm und Bewegung dazu Und die Nestflucht der Jungen Auch löste das Streichelvieh die großen Milchleiber ab An manchem Tag werden
    die Menschen zu Regen Es durchsickert klamm und das Gesicht zieht
    sich mit den Wetterzeiten in die Länge

    Würdest du doch achtsam sein stellten sich Bilder ein Auch die gefälligste Melodie erreicht nie die Weise der Lerche über dem weiten Feld Man hat es allerdings eher mit den simplen Dingen Wie all diese Seifenopern aus dem Bildschirm sich ins Denken fressen Dauernd flackert dieses Ge gaukle von den matten Scheiben

    Doch wenn es Abend wird überm Dorf
    ist manchmal der ruhige Atem
    wieder tausend Jahre alt

  3. Hier war ich noch eine Antwort schuldig: Ich habe mit Lyrik grundsätzlich Schwierigkeiten und halte sie für eine aussterbende Literaturgattung, in der heute fast nur noch Zweitrangiges produziert wird. (Um Lichtenberg zu zitieren, ist Lyrik ist eine Pubertätskrankheit, die bei den meisten im Erwachsenenalter abheilt) Aber ein Gedicht sollte grundsätzlich vorgelesen werden, denn auf den Klang und den Rhythmus kommt es an. Verse sind Musik.

    Mit Dialekt bin ich vorsichtig, denn eigentlich kann er kaum aufgeschrieben werden. In meiner Prosa reden alle Hochdeutsch. Das „Gedicht“ oben habe ich allerdings genau so in einem Diedorfer Biergarten gehört – es war der Dialog eines Pärchens am Nebentisch. Ins Hochdeutsche übersetzen kann man das nicht. Es würde viel an seiner Direktheit und Knappheit verlieren und wäre wohl einfach nur vulgär. Grüße ins Allgäu, Nikolaus

Kommentar verfassen

Related Post

Entdecke mehr von Nikolaus Klammer

Jetzt abonnieren, um weiterzulesen und auf das gesamte Archiv zuzugreifen.

Weiterlesen